0

Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) - einfach erklärt

7 Minuten Lesezeit

Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) regelt die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Es stellt die rechtliche Grundlage für die Arbeit des Betriebsrats dar.

Dadurch ergeben sich für beide Parteien sowohl Rechte als auch Pflichten.

Warum das Betriebsverfassungsgesetz so zentral für Ihre Arbeit ist und worauf Sie achten müssen? Lesen Sie weiter!

Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) - einfach erklärt

Inhalt des Betriebsverfassungsgesetzes

Was regelt das BetrVG?

In den allgemeinen Vorschriften des BetrVG wird unter anderem geregelt:

  • Die Errichtung von Betriebsräten (§ 1)
  • Die Stellung der Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber (§ 2)
  • Abweichende Regelungen (§ 3)
  • Betriebsteile und Kleinstbetriebe (§ 4)
  • Arbeitnehmer (§ 5)

Darüber hinaus beinhaltet das Betriebsverfassungsrecht auch Regelungen im Hinblick auf die Wahl des Betriebsrats, dessen Geschäftsführung, die Betriebsversammlung sowie die Rechte der Jugend- und Auszubildendenvertretung.

Änderungen durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz

Die am 18.6.2021 infolge des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes in Kraft getretenen Änderungen des Betriebsverfassungsgesetzes betrafen unterschiedliche Bereiche:

So wurde u.a. die Wahl von Betriebsräten vereinfacht, indem der Schwellenwert für die Anwendbarkeit des vereinfachten Wahlverfahrens hinaufgesetzt wurde. Darüber hinaus sind jetzt auch unter bestimmten Voraussetzungen Betriebsratssitzungen per Video- und Telefonkonferenz zulässig.

Ratgeber
Grund­la­gen­wis­sen für BR

In diesem Ratgeber finden Sie grundlegendes Wissen für Ihren Arbeitsalltag wie Rechte, Pflichten und Mitbestimmungsrechte als Betriebsrat sowie wertvolle Praxis-Tipps für die Betriebsratsarbeit.

Ratgeber Grundlagenwissen

Errichtung von Betriebsräten

Die Wahl eines Betriebsrats ist grundsätzlich in Unternehmen mit mindestens fünf wahlberechtigten Arbeitnehmern möglich. Geregelt werden die Wahlformalitäten im BetrVG und insbesondere in der Wahlordnung (WO).

Verhaltensrichtlinien für den Betriebsrat

Der Betriebsrat vertritt die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber. Welche Mittel ihm dafür zur Verfügung stehen, regelt das Betriebsverfassungsgesetz. Gemäß § 74 Abs. 2 BetrVG ist es dem Betriebsrat untersagt zur Durchsetzung seiner Ziele einen Streik zu organisieren. So dürfen weder der Arbeitgeber noch der Betriebsrat den Arbeitsablauf oder den Frieden des Betriebs stören.

Betriebsrat und Arbeitgeber sind dabei nach § 2 Abs. 1 BetrVG stets zur vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet.

Stellung der Gewerkschaften

Das Betriebsverfassungsgesetz sieht auch für Gewerkschaften bestimmte Rechte vor. Demnach kann ein Vertreter einer Gewerkschaft an Betriebsversammlungen teilnehmen, sobald ein Arbeitnehmer des Betriebs Mitglied der jeweiligen Gewerkschaft ist. Ist ein Gewerkschaftsmitglied auch Mitglied des Betriebsrats, ist diese auch berechtigt an Betriebsratssitzungen teilzunehmen, wenn mindestens ein Viertel der Betriebsratsmitglieder die Gewerkschaft hinzuziehen will. Darüber hinaus wird Gewerkschaften eine Kontrollfunktion zugeschrieben. Diese ermöglicht ihr zu überprüfen, ob im Betrieb die vom Gesetzgeber vorgesehenen Rechte und Gesetze eingehalten werden. Ist dies nicht der Fall, kann eine Gewerkschaft gemäß § 119 Abs. 2 BetrVG als letztes Mittel auch einen Strafantrag gegen den Arbeitgeber stellen. Dies ist beispielsweise möglich, wenn der Arbeitgeber die Arbeit des Betriebsrats kontinuierlich stört.

Betriebsrat und Belegschaft

Der Betriebsrat steht mit der Belegschaft in einem ständigen Austausch. So hat jeder Arbeitnehmer das Recht sich während seiner Arbeitszeit an den Betriebsrat zu wenden. In der Regel werden hierfür vom Betriebsrat eigene Sprechstundenzeiten festgelegt, allerdings können sich die Arbeitnehmer auch außerhalb dieser Zeiten an den Betriebsrat wenden. Auch der Betriebsrat kann im Zuge einer Betriebsbegehung mit der Belegschaft aktiv in Kontrakt treten und sich nach den Anliegen der Beschäftigten erkundigen. Ferner darf der Betriebsrat Informationen, die er im Zuge seines Unterrichtungsrechts vom Arbeitgeber erfahren hat, an die Belegschaft weiterleiten. Ausgenommen davon sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Diese müssen jedoch vom Arbeitgeber ausdrücklich als solche bezeichnet werden.

Das wichtigste Forum des Betriebsrats ist die Betriebsversammlung. Zu dieser muss er gemäß § 43 Abs. 1 BetrVG in jedem Kalendervierteljahr laden. Sprechen keine dringenden betrieblichen Gründe dagegen, findet die Betriebsversammlung grundsätzlich während der Arbeitszeit statt. Ist dies nicht möglich, müssen die Beschäftigten für die zusätzlich aufgewandte Zeit vergütet werden. Die Betriebsversammlung dient der Aussprache und Information zwischen den Arbeitnehmern und dem Betriebsrat. Dabei ist der Betriebsrat auch verpflichtet einen Tätigkeitsbericht abzugeben, zu dem sowohl die Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber Stellung beziehen können.

Ehrenamt und Geschäftsbedarf

Der Betriebsrat führt sein Amt gemäß § 37 Abs. 1 BetrVG ehrenamtlich aus. Demnach darf dürfen die Mitglieder des Betriebsrats aufgrund ihrer Arbeit weder begünstigt noch benachteiligt werden. Die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats sowie die Betriebsratssitzungen finden grundsätzlich während der Arbeitszeit statt. Ist dies aus dringenden betrieblichen Gründen nicht möglich, muss ein Freizeitausgleich gewährt oder die zusätzliche Arbeitszeit als Mehrarbeit abgegolten werden.

Darüber hinaus hat der Betriebsrat einen Anspruch auf ein eigenes Betriebsratsbüro, in den er seine Sitzungen durchführen und Sprechstunden abhalten kann. Außerdem ist der Arbeitgeber verpflichtet ihm ein eigenes Telefon sowie einen Internetzugang und einen abschließbaren Schrank zur Verwahrung seiner Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Verfügt ein Betrieb über ein Intranet, kann der Betriebsrat dort eine eigene Seite für sich errichten, auf der er beispielsweise seine Mitglieder vorstellen und die Belegschaft über seine Tätigkeiten informieren kann.

Wichtigste Rechte für den Betriebsrat

Sowohl der Betriebsrat als auch der Arbeitgeber sind nach dem Betriebsverfassungsgesetz zur vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet. Um die Interessen der Belegschaft hinreichend vertreten zu können, sieht das BetrVG in diesem Zug eine Vielzahl an abgestuften Rechten für Arbeitnehmervertretung vor.

Dabei handelt es sich um:

  • Informationsrechte
  • Anhörungsrechte
  • Beratungsrechte
  • Widerspruchsrechte
  • Mitbestimmungsrechte
  • Initiativrechte

Auf Informations- und Beratungsrechte beschränkt sich zum Großteil die Mitwirkung in wirtschaftlichen Angelegenheiten als schwächstes Beteiligungsrecht. Grundlegende unternehmerische Entscheidungen bleiben jedoch grundsätzlich der Geschäftsleitung vorbehalten.

Ein Mitbestimmungsrecht in Form eines Zustimmungsverweigerungsrechts kommt der Betriebsrat bei personellen Einzelmaßnahmen zu. Hierunter fallen beispielsweise Einstellungen, Kündigungen, Versetzungen sowie Umgruppierungen.

Im Hinblick auf soziale Angelegenheiten besitzt der Betriebsrat das stärkste Beteiligungsrecht. Dies betrifft mitunter Verhaltensmaßregelungen, Arbeitszeitregelungen und die Lohnauszahlung. Hierbei kommt dem Betriebsrat ein besonders starkes Mitbestimmungsrecht zu. Will der Arbeitgeber in diesem Bereich eine Maßnahme durchsetzen, ist er stets auf die Zustimmung des Betriebsrats angewiesen.

Ist es Betriebsrat und Arbeitgeber nicht möglich eine Einigung zu erzählen, muss eine Einigungsstelle errichtet werden, die über die Einführung der jeweiligen Maßnahme entscheidet.

Wen betreffen die Regelungen des BetrVG?

Das BetrVG beinhaltet in ersten Linie Regelungen, die sich auf die Arbeit des Betriebsrats beziehen. Allerdings stellt es auch für den Arbeitgeber eine zentrale Rechtsquelle dar und sieht auch für diesen Rechte und Verpflichtungen vor. Ferner begründet das BetrVG mitunter auch Rechte für die Schwerbehindertenvertretung und die JAV, wie beispielsweise das Teilnahmerecht der Interessensvertretungen an den Sitzungen des Betriebsrats.

Anwendung in der Praxis

Anfänglich erscheint das Betriebsverfassungsgesetz sicherlich recht theoretisch. Und doch ist es die absolute Grundlage für die erfolgreiche praktische Betriebsratsarbeit.

Wie können Sie als Betriebsrat das BetrVG in der Praxis also gut und sinnvoll anwenden?

In folgendem Video haben wir für Sie Tipps & Tricks zur Anwendung zusammengefasst:

Irrtümer im Betriebsverfassungsrecht

Beim Thema Betriebsverfassungsrecht kursieren viele immer wiederkehrende Irrtümer. Um Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir eine Videoserie kreiert, die die meisten fatalen Irrtümer des Betriebsverfassungsrechts aufdeckt:

Irrtümer, die unser Experte hierbei aufdeckt, sind:

  • Der Betriebsrat darf bei der Lohnhöhe mitbestimmen
  • Der Betriebsrat darf zum Streik aufrufen
  • Individuelle Arbteitnehmerrechte vertreten - Aufgabe des Betriebsrats?
  • Betriebsvereinbarungen können alles regeln
  • Der Betriebsratsvorsitzende trifft alle Entscheidungen allein
  • Eine Tagesordnung zur Betriebsratssitzung ist überflüssig
  • Ersatzmitglieder müssen bei jeder Verhinderung nachrücken
  • Pro Kalenderjahr genügt eine Betriebsversammlung
  • Betriebsratsmitgliedern kann niemals gekündigt werden
  • Kündigungsschutz für Ersatzmitglieder erst nach Teilnahme an BR-Sitzung
  • Überstunden, die aufgrund von Betriebsratsarbeit anfallen, sind auszugleichen
  • Betriebsratsmitglieder dürfen in kleinem Umfang begünstigt werden
  • Die Teilnahme am Monatsgespräch gilt nicht für alle Betriebsratsmitglieder
  • Alles über den Betrieb hinaus ist Sache des Gesamtbetriebsrats
  • Betriebsräte sind der verlängerte Arm der Gewerkschaft
  • Erst Einigungsstelle, dann Gericht - So war das schon immer
  • Nur 3 Wochen Schulungsanspruch pro Amtszeit für einen Betriebsrat
  • Betriebsrats-Seminare sind immer vom Arbeitgeber zu genehmigen
  • Rechtsanwalt / Sachverständigen hinzuziehen - gar kein Problem!
  • Hilfsmaterial für die Betriebsratsarbeit kann ich ohne Weiteres bestellen
Artikel teilen